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Sicherstellung der Verfügbarkeit von Arzneimitteln

Die pharmazeutischen Hersteller haben die Herstellung von Arzneimitteln oder von Ausgangsstoffen aus Kostengründen in Drittländer verlagert. Einige Arzneistoffe werden aus Kostengründen nur noch von wenigen Herstellern produziert. Doch die Probleme von Produktionsausfällen oder Verunreinigungen bei Arzneimitteln haben in den vergangenen Jahren zugenommen und es kommt zu Lieferengpässen. Schon seit Jahren weist die Apothekerschaft auf diese Problematik hin. Das Management von Lieferengpässen ist für Apotheken mit einem erheblichen Aufwand verbunden. Täglich arbeiten die Apothekenteams daran, dass bei einzelnen Medikamenten kein Versorgungsengpass entsteht. Wenn ein Arzneimittel fehlt, beschafft die Apothekerin, bzw. der Apotheker ein wirkstoffähnliches Medikament und hält dazu Rücksprache mit der Arztpraxis, wenn ein neues Rezept erforderlich ist. Die kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln ist Teil der Daseinsfürsorge und somit Aufgabe des Staates. Es ist aus unserer Sicht richtig, pharmazeutische Unternehmen zu stärken und die Wirkstoff- und Fertigarzneimittelproduktion wieder nach Europa zu holen.

Welche Konzepte hat Ihre Partei, Liefer- und Versorgungsengpässe innerhalb Europas zu verhindern?

CDU: Im Wahlprogramm von CDU und CSU heißt es dazu: Europa muss wieder zur Apotheke der Welt werden. Wir wollen investitionsfreundliche Rahmenbedingungen für die pharmazeutische Industrie schaffen, damit wieder mehr Medikamente wie z. B. Antibiotika und Kindermedikamente in Produktionsstätten in Europa hergestellt werden. Dazu gehören etwa ein umfassender Patentschutz und vielfältigere Lieferketten. So begegnen wir der Medikamentenknappheit und sorgen vor.

BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN: Wir wollen Pharmaunternehmen verpflichten, Lieferketten zu diversifizieren und nachhaltiger zu machen. Außerdem müssen sie Arzneimittelengpässen besser vorbeugen und diese früher melden. Kritische Arzneimittel, die jederzeit unentbehrlich sind, wie beispielsweise wichtige Antibiotika, müssen durch krisenfeste Lieferketten zuverlässig verfügbar sein. Hierzu kann die teilweise Rückverlagerung von Produktion nach Europa einen Beitrag leisten. Die Anreize für Forschung und Entwicklung sowie der Schutz von geistigem Eigentum dürfen nicht die Bezahlbarkeit von essentiellen Arzneimitteln gefährden und den Markteintritt von Generika unverhältnismäßig verzögern.

SPD: Die Pandemie hat deutlich gemacht, dass die Europäische Union bei der Sicherstellung der Versorgung mit wichtigen Arzneimitteln vor einer wachsenden Herausforderung steht. Das Pharmapaket enthält Maßnahmen gegen Arzneimittelknappheit, zum Beispiel strengere Transparenz- und Meldepflichten für Hersteller und Großhändler. Besonders im Bereich der Lieferengpässe können wir als EU besser handeln. So fordern wir Sozialdemokrat:innen einen Gesetz über kritische Arzneimittel, um die Gesundheit der Bürger:innen im Einklang mit den strategischen Autonomiezielen der Union zu schützen. Das Gesetz soll als umfassender EU-Mechanismus zur aktiven Unterstützung der Produktion von Wirkstoffen und Fertigarzneimitteln in der Europäischen Union vorgelegt beitragen. Weiterhin sollten um bestimmten Engpässen entgegenzuwirken, Arzneimittel verwendet werden können, die in einer Apotheke für einen bestimmten Patienten nach ärztlicher Verschreibung nach einer „Formula magistralis“ zubereitet werden, oder die nach dem Arzneibuch nach einer „Formula officinalis“ zubereitet werden und zur unmittelbaren Abgabe an die Patienten bestimmt sind, die Kunden dieser Apotheke sind.

FDP: Wir Freie Demokraten halten es insgesamt für sinnvoll, die Bedeutung des europäischen Binnenmarktes für verstärkte gemeinsame Beschaffung im medizinischen Bereich zu nutzen, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Wir treten dafür ein, die Produktion von Arzneimitteln innerhalb der Europäischen Union grundlegend zu stärken. Zulassungsverfahren für Medikamente und Medizinprodukte wollen wir vereinfachen und beschleunigen, ohne Kompromisse bei der Patientensicherheit zu machen. Darüber hinaus gilt es für uns, Lieferketten zu diversifizieren und Abhängigkeiten von Drittstaaten bei der Versorgung mit Wirk-, Hilfs- und Rohstoffen zu verringern. Die Voraussetzungen dafür wollen wir auf europäischer wie nationaler Ebene schaffen.

DIE LINKE: Eine Ursache für Arzneimittelengpässe ist, dass die Pharmaindustrie die Produktion von Arzneimitteln und Zusatzstoffen aus wirtschaftlichen Gründen verlagert. Wenn die Liefer- und Produktionsketten brechen, entstehen Lücken in der Versorgung. Wir wollen regionale Wirtschaftskreisläufe stärken. Das macht die Arzneimittelversorgung in der EU sicherer und die EU unabhängiger. In der EU-Arzneimittelstrategie muss sichere Versorgung im Vordergrund stehen. Die Linke setzt sich bei den Verhandlungen zum EU-Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel dafür ein, dass die Sicherstellung der Arzneimittelversorgung als wichtige Gemeinwohlaufgabe der Mitgliedstaaten definiert wird. Das muss im EU-Recht Vorrang gegenüber dem freien Binnenmarkt haben. Anreize zur Verlagerung von Produktionskapazitäten müssen durch Auflagen für Versorgungssicherheit flankiert werden (Diversifizierung von Herstellungs- und Zulieferunternehmen, robuste Lieferketten etc.). Arzneimittel werden oft aus Niedrigpreisländern in Hochpreisländer importiert, was in den Exportländern die Versorgungssicherheit gefährdet. Mitgliedstaaten der EU müssen das unterbinden können.