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Apotheken stärken - Gesundheitsversorgung erhalten!

Ein gutes Netz an Vor-Ort-Apotheken ist gerade in einem Flächenland wie Niedersachsen ein wichtiger Bestandteil der Gesundheitsversorgung. Kurze Wege, hohe Beratungskompetenz und dank des Notdienstes eine Erreichbarkeit rund um die Uhr zeichnen die Apotheken vor Ort aus. Doch seit Jahren wird das Netz dünner.

Die Situation der Apotheken vor Ort ist extrem angespannt. Durch eine chronische Unterfinanzierung (das Apothekenhonorar stagniert auf dem Niveau von 2004), den Fachkräftemangel, einen ausgebliebenen Inflationsausgleich und die Lieferengpass-Krise müssen immer mehr Apotheken schließen. 2023 sind in Deutschland 500 Apotheken, davon 45 in Niedersachsen, weggefallen. Die Lage ist dramatisch – für die Apotheken, vor allem aber für die Bürgerinnen und Bürger, denn ihre Versorgung steht auf dem Spiel. Trotz erdrückender Faktenlage und trotz aller Proteste bleibt die Regierung bei ihrer Sparpolitik – das muss sich ändern!

Warum seit 38 Jahren mehr Apotheken schließen als neu eröffnen hat vielfältige Ursachen. Vieles jedoch liegt an den gesetzlichen Rahmenbedingungen. In den letzten Jahren waren die Apotheken vor Ort von einer Reihe neuer Gesetze betroffen. Einige haben das Ziel, die Arzneimittelversorgung in Deutschland zu verbessern. Mit dem Entwurf des Apothekenreformgesetzes vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) steht das Apothekensystem jedoch auf dem Spiel. 

Der Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. (LAV) als politische und wirtschaftliche Interessenvertretung der niedersächsischen Apothekeninhaberinnen und - inhaber fordert deshalb "Apotheken retten - Gesundheitsversorgung sichern!". Die Apothekerinnen und Apotheker werden für den Erhalt der qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung durch Apotheken weiterkämpfen.

Kundgebung niedersächsischer Apotheken am 6.11.2024 in Hannover

Am Mittwoch, den 6. November 2024, protestieren die niedersächsischen Apotheken für den Erhalt einer qualitativ hochwertigen Arzneimittelversorgung durch Apotheken in Hannover. Damit weisen die Apotheken auf die anhaltenden Missstände in der Arzneimittelversorgung und auf die drohende Verschlechterung der Gesundheitsversorgung für die Bevölkerung hin. Der Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. (LAV) ruft deshalb zu einer zentralen Kundgebung um 13 Uhr in Hannover auf. Nähere Informationen finden Sie >> HIER

Politische Lage

Gesetze ändern sich in regelmäßigen Abständen und neue entstehen. Sie geben der Gesellschaft für das Zusammenleben einen Rahmen. Auch die Arzneimittelversorgung folgt strengen Vorschriften, um für die Patientinnen und Patienten eine sichere Arzneimittelabgabe zu garantieren. Die Apotheken sind ein hochgeradig regulierter Bestandteil des Gesundheitssystems und tragen damit dazu bei, dass die Gesundheitsversorgung aller Menschen in Deutschland auf einem hohen Niveau gesichert ist. 

Lieferengpassmanagement

Hohe Qualitätsstandards verstehen sich für die Apothekerinnen und Apotheker von selbst. Einige Gesetze tragen jedoch direkt oder indirekt dazu bei, dass die Versorgung der Patientinnen und Patienten erschwert wird.

Die Lieferengpässe von Fiebersäften und anderen Arzneimitteln in den letzten Jahren haben neben der Produktion vom Medikamenten im Ausland einen weiteren Schwachpunkt der Vorschriften offenbart: Die Austauschregeln für verschreibungspflichtige Arzneimittel. Die Apotheken sind bei der Arzneimittelabgabe an strikte Regelungen gebunden, wie zum Beispiel die verpflichtende Berücksichtigung von Rabattarzneimitteln. Sie können nicht ohne weiteres ein Arzneimittel gegen ein anderes tauschen. Bei Lieferengpässen werden diese und weitere Vorschriften zu besonderen Hürden. Für vier von fünf Apotheken gehören Lieferengpässe zu den größten Ärgernissen im Versorgungsalltag.

Das Management von Lieferengpässen kostet den Apothekerinnen und Apothekern viel Zeit. Eine lieferbare oder gar vorrätige Alternative für ein verordnetes Medikament zu finden, ist mit einem hohen Rechercheaufwand verbunden, der viel Zeit in Anspruch nimmt. Zusätzlich müssen die Mitarbeitenden in der Apotheke häufig Rücksprache mit der behandelnden Arztpraxis halten, bevor sie das verschriebene Arzneimittel durch ein anderes ersetzen dürfen. 

Vergütung

Ein großer Punkt, den der Gesetzgeber vorschreibt, ist die Vergütung der Apotheke. Apothekerinnen und Apotheker sind jedoch nicht nur Heilberuflerinnen und Heilberufler, sondern auch Kaufleute. Sie leiten ihre Apotheken eigenständig und sind für die Wirtschaftlichkeit ihrer Betriebe allein verantwortlich. Im Widerspruch dazu stehen die Einnahmenmöglichkeiten der Apotheken. Diese sind von der Politik streng reguliert. Der Gesetzgeber bestimmt in weiten Teilen, wie viel Geld Apothekerinnen und Apotheker verdienen. So wird zum Beispiel das Apothekenhonorar, also die Haupteinnahme einer Apotheke, von dem Gesetzgeber vorgegeben. Das erhalten die Apotheken mit der Abgabe eines verschriebenen Medikamentes.

Das Festhonorar beträgt 8,35 Euro zuzüglich drei Prozent des Abgabepreises sowie 21 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes. Dazu kommen 20 Cent zur Finanzierung zusätzlicher pharmazeutischer Dienstleistungen. Dieses Honorar wurde seit 2013 nicht mehr angepasst und ist anders als bei anderen Leistungserbringern im Gesundheitswesen losgelöst von der Inflation und der Kostensteigerung.

Aus diesem Apothekenfestzuschlag sind zudem die gesamten Betriebskosten der Apotheke zu decken. Zusätzlich müssen die Apotheken einen Abschlag an die gesetzlichen Krankenkassen zahlen. Dieser Abschlag wurde mit dem GKV- Finanzstabilisierungsgesetz in diesem Jahr um rund 13 Prozent erhöht und kommt somit einer Reduzierung der Vergütung gleich!

Mit dem erhöhten Abschlag sollen Löcher in den Krankenkassen gestopft werden, obwohl die Apotheken nur 1,9 Prozent der Gesamtausgaben der Krankenkassen ausmachen. Dies kommt zu der Inflation und den stark gestiegenen Kosten dazu.

Jede Branche hat Leistungen, die eingepreist werden. Um ein Beispiel zu nennen: Die Neugestaltung eines Badezimmers wird im Vorfeld in einem kostenlosen Gespräch mit dem Handwerksunternehmen besprochen. Kostenlos im eigentlichen Sinne ist die Beratungsleistung des Handwerkers jedoch nicht. Sie wird in den anderen Kostenpunkten, die auf der Rechnung stehen, eingepreist. Diese Möglichkeit haben Apotheken bei ihrer intensiven pharmazeutischen Beratung jedoch nicht. Sie können die Kosten nicht auf den Preis des verschriebenen Arzneimittels aufschlagen. Der Preis für verschreibungspflichtige Medikamente ist vorgeschrieben und lässt sich nicht von den Apotheken erhöhen. 

Mehr Information zur Vergütung der Apotheken gibt die ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände: https://www.abda.de/apotheke-in-deutschland/preise-und-honorare/apothekerverguetung/festhonorar-krankenkassen/

Bürokratie

Andere Aspekte, die das Betreiben einer Apotheke immer mehr erschweren und vom Gesetzgeber vorgegeben sind, bleiben der Bevölkerung häufig verborgen. Darunter fallen zum Beispiel aufwändige Dokumentationspflichten und ein immer größer werdender Anteil an Bürokratie. Mit weniger Personal in den Apotheken vor Ort, ist jede Zeit, die nicht für die Versorgung der Patientinnen und Patienten verwendet werden kann, eine große Belastung für die Apothekenteams.

Verlässlichkeit der Politik

Grundstein des gesetzlichen Rahmens muss zwingend die Verlässlichkeit der Politik sein. Damit die Apotheken vor Ort auch für den Nachwuchs attraktiv bleiben, brauchen sie von der Politik finanzielle Stabilität. Ohne Verlässlichkeit der Politik kann die Versorgung der Patientinnen und Patienten nicht gesichert werden, weil immer mehr Apotheken wegen der Unkalkulierbarkeit und dem damit einhergehenden Nachwuchsmangel schließen werden.

All dies sind Gründe dafür, dass die Übernahme oder Neueröffnung einer Apotheke oder auch nur die Ausübung einer der drei Apothekenberufe immer unattraktiver wird. Die Folge: Die Zahl der Apothekenschließungen steigt!

Entwicklung der Apothekenzahl in Niedersachsen

 

Die Tendenz der Apothekenschließungen lässt sich ganz klar in Zahlen zeigen: Seit 2009 wurden in Niedersachsen 19 Prozent der Apotheken geschlossen. Das entspricht einem Rückgang um 397 Apotheken. In einem Bundesland wie Niedersachsen, das flächenmäßig das zweitgrößte Bundesland Deutschlands ist, aber nur auf Platz neun bei der Bevölkerungsdichte liegt, ist ein gut ausgebautes Netz an Vor-Ort-Apotheken besonders wichtig. Denn jede Apotheke weniger bedeutet zwangsläufig, dass die Wege zur nächsten Apotheke weiter werden.

Im hektischen Alltag oder gerade, wenn es mal schnell gehen muss, oder mit eingeschränkter Mobilität sind lange Wege ein großes Hindernis in der Gesundheitsversorgung.

Entwicklung der Apothekenzahlen bundesweit

Niedersachsen ist keine Ausnahme im Trend der sinkenden Apothekenzahl. Auch im Bundesgebiet zeigt sich der kontinuierliche Rückkang der Apotheken. Genauer gesagt verzeichnet jedes Bundesland seit Jahrzehnten Verluste in dem Versorgungsnetz der Vor-Ort-Apotheken.

In den letzten dreizehn Jahren von 2010 bis 2023 hat Deutschland 3.870 Apotheken verloren, also 3.870 Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner in Gesundheitsfragen sowie 3.870 lokale Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber.

Das bundesweite Sinken der Apothekenzahlen zeigt klar, dass die größer werdenden Lücken in der Gesundheitsversorgung durch ein systemisches, ein politisches Problem verursacht werden.

Damit die pharmazeutische Versorgung der Bevölkerung auch in Zukunft sichergestellt ist, müssen die Rahmenbedingungen für die Apotheken vor Ort verbessert werden.

Wird die Politik nicht endlich tätig, wird Folgendes fehlen:

Was wir Apothekerinnen und Apotheker brauchen:

Unsere Forderungen

Wie kann gesichert werden, dass jede Patientin und jeder Patient auch weiterhin vor Ort eine Apotheke als niedrigschwellige Anlaufsstelle bei pharmazeutischen Fragen an ihrer oder seiner Seite hat? Damit auch in Zukunft die Versorgung ohne lange Wege und Wartezeiten möglich ist, müssen sich die Rahmenbedingungen ändern. Wir Apothekerinnen und Apotheker in Niedersachsen fordern daher im wesentlichen die folgenden Punkte:

Unsere Forderungen zur wirtschaftlichen Stabilisierung des Apothekennetzes

  • Deutliche Erhöhung und Dynamisierung des Apothekenhonorars  

  • Inflationsausgleich, um die gestiegenen Kosten der vergangenen Jahre zu refinanzieren

  • Skonti zwischen Großhandel und Apotheken wieder gesetzlich zulassen

  • Eine finanzielle Soforthilfe für Apotheken

Unsere Forderungen zur Sicherung einer guten Arzneimittelversorgung

  • Mehr Entscheidungs- und Handlungsfreiheiten für die Apotheken, damit Patientinnen und Patienten bei einem Lieferengpass trotzdem schnell versorgt werden können
  • Unbedingte Verhinderung von „Scheinapotheken“ ohne Apothekerinnen und Apotheker vor Ort