Kritik an den Plänen des BMG - Schwerwiegende Folgen für die Gesundheitsversorgung!
Hannover, 3. Juli 2024
Der Landesapothekerverband Niedersachsen e.V. (LAV) weist auf die schwerwiegenden Folgen für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch die Pläne des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) für eine Apothekenhonorar- und Apothekenstrukturreform („Apothekenreformgesetz“) hin. Der LAV ruft das Bundesgesundheitsministerium dazu auf, von den Plänen Abstand zu nehmen.
„Das BMG plant mit der Reform einen kompletten Systemwechsel und höhlt das Apothekensystem aus, das sich insbesondere auch in Krisen bewährt hat“, kritisiert Frank Germeshausen, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Landesapothekerverbandes Niedersachsen e.V. (LAV). „Wir lehnen deshalb den Gesetzesentwurf komplett ab. Das BMG zerstört bewusst das Apothekensystem und verschlechtert die Qualität der Gesundheitsversorgung der Bürgerinnen und Bürger!“
Hintergrund ist der Referentenentwurf zum Apothekenreformgesetz des Bundesgesundheitsministeriums (BMG). Unter anderem sieht das BMG eine Umverteilung des Honorars der Apotheken innerhalb des Apothekensystems vor. „Reine Umverteilung wird zu keiner wirtschaftlichen Stärkung der Apotheken führen“, erklärt Germeshausen. „Es muss mehr Geld ins System und das Apothekenhonorar erhöht werden! Das Apothekenhonorar befindet sich durch Kürzungen des Gesetzgebers in den letzten Jahren auf dem Stand von 2004. Im gleichen Zeitraum sind die Kosten exorbitant und die Inflation um 30 Prozent gestiegen. Wir fordern deshalb eine regelmäßige Anpassung des Apothekenhonorars, so, wie es bei allen anderen Leistungserbringerinnen und Leistungserbringern im Gesundheitswesen die Regel ist!“
Unter anderem sieht der Entwurf vor, dass Apotheken künftig ohne Apothekerinnen und Apo-theker betrieben werden können, wenn diese per Video zugeschaltet werden können. „Ohne dauerhafte Präsenz einer Apothekerin oder eines Apothekers sind deren Kontrollfunktionen und Beratungsleistungen in der Praxis nicht mehr realisierbar. Daran ändert auch die vorgeschriebene bloße Möglichkeit einer Kontaktaufnahme per Videoschaltung nichts“, erläutert Germeshausen. „Wird es dazu kommen, müssen die Patientinnen und Patienten mit enormen Leistungskürzungen rechnen, denn die Abgabe von Schmerzmitteln, Erkennen von Einnahmeproblemen, Medikationsanalysen, die Herstellung von Arzneimitteln oder auch Grippeschutzimpfungen und vor allem der Nacht- und Notdienst werden gegebenenfalls ganz wegfallen, da diese wichtigen Leistungen nur Apothekerinnen und Apotheker durchführen können.“
„Durch den Nacht- und Notdienst entlasten die Apotheken Arztpraxen und Krankenhäuser. Wird die dauerhafte Dienstbereitschaft der Apotheken eingeschränkt, werden sich die Patientinnen und Patienten bei Notfällen mehr denn je an die Notdienststellen der Ärztinnen und Ärzte und der Krankenhäuser wenden, die schon jetzt überlastet sind. Die Patientinnen und Patienten müssen sich auf noch längere Wartezeiten einstellen“, prognostiziert und kritisiert Germeshausen.
Des Weiteren kritisiert der stellvertretende Vorstandsvorsitzende Germeshausen den Plan von „Filialverbünden“, die aus einer Hauptapotheke, bis zu drei Filialen und maximal zwei weiteren „Zweigapotheken“ bestehen sollen. Ebenso die angestrebte Liberalisierung der Arznei-mittelversorgung sieht der stellvertretende LAV-Vorstandsvorsitzende kritisch. „Die Arzneimittelversorgung verkommt zu einem reinen Logistikprozess. Pharmazeutische Expertise und Kompetenzen spielen bei der Abgabe nach den Plänen des BMG keine Rolle mehr“, erläutert Germeshausen. „Das BMG öffnet Türen für „Apothekenkonzerne“. Eine neutrale, unabhängige Versorgung durch unabhängige und freie Heilberufe vor Ort wird nicht mehr stattfinden“.
Germeshausen sieht den Apothekerberuf durch die BMG-Pläne zudem massiv gefährdet: „Das BMG provoziert den Wegfall einer Vielzahl von hoch qualifizierten Arbeitsplätzen, weil die Inhaberinnen und Inhaber sich dem Wettbewerbsdruck stellen und Apothekerinnen und Apotheker durch anderes Personal ersetzen müssen“.
Alternativen zu den BMG-Plänen gibt es: „Ein Blick auf den demografischen Wandel zeigt, dass der Bedarf an Gesundheitsdienstleistungen steigen wird. Deshalb sollte die Bundesregierung mehr denn je auf die bewährten Kompetenzen der Apothekerinnen und Apotheker setzen und sie noch stärker in die Versorgung einbinden“, sagt Germeshausen. „Eine frühzeitige und dauerhafte Einbeziehung der pharmazeutischen Kompetenzen von Apothekerinnen und Apothekern in die Arzneimitteltherapien kann zum Beispiel Leben retten. Apotheken sollten unter anderem mehr Entscheidungskompetenzen erhalten, zum Beispiel beim Managen der Lieferengpässe. Weitere Möglichkeiten einer stärkeren Einbindung der Apotheken in die Gesundheitsversorgung sind ein interprofessionelles Medikationsmanagement durch Apotheken sowie mehr Möglichkeiten der Primärversorgung in der Apotheke, um nur einige Beispiele zu nennen.“
Der stellvertretende LAV-Vorstandsvorsitzende Germeshausen fasst zusammen: „Die wertschätzende Beurteilung unserer Leistungen in der Zeit der Pandemie scheint vergessen und Makulatur zu sein. Anders sind die zerstörerischen Ideen nicht zu verstehen. Das BMG sollte von den apotheken- und patientenfeindlichen Plänen schnellstmöglich ablassen und das Potential der Apotheken vor Ort für die zukünftige Gesundheitsversorgung der Bevölkerung nutzen. Wir werden deshalb vehement gegen den absurden Gesetzesentwurf kämpfen und der Politik und Öffentlichkeit die Alternativen zu den BMG-Plänen aufzeigen!“
Der Landesapothekerverband Niedersachsen (LAV) e.V. vertritt die berufspolitischen und wirtschaftlichen Interessen der niedersächsischen Apothekeninhaberinnen und Apothekeninhaber in der Öffentlichkeit, gegenüber der Politik, den Partnern im Gesundheitswesen und den Medien. Dem Verband sind rund 1.675 niedersächsische Apotheken angeschlossen.